Beitrag aktualisiert am 9. Juli 2019 von Marco Eitelmann
Ich wurde vor kurzem von einem Leser gefragt, wie ich Geld für ca. 10 Jahre anlegen würde, um dann von diesem Geld gegebenenfalls eine Immobilie zu kaufen bzw. deren Finanzierung mit Eigenkapital zu ermöglichen. Dabei sollte möglichst eine gute Rendite entstehen, das Investment schwankungsarm sein und das Risiko von größeren Verlusten möglichst gering gehalten werden. Immer wieder lese ich von „Börse-Experten“ die Empfehlung, dass eine langfristige Aktienanlage sicher sei und ebenso langfristig eine hohe Rendite ermöglicht, wenn auch unter Schwankungen. Wenn ich dann aber zugleich lese das bei diesen „Experten“ bereits 5-10 Jahre als „Langfristig“ gelten, dann kann ich nur mit dem Kopf schütteln, zumindest wenn man bereits Crashphasen wie 2001 oder 2008 selbst erlebt hat und über 20 Jahre wie ich am Markt mit seinem eigenen Kapital durchgehend präsent ist. Jeder Mensch der sich wirklich intensiv und vor allem mit eigenem Geld an und mit der Börse auseinandergesetzt hat weiß, dass auch auf Laufzeiten von 10 Jahre eine 100 % Aktienquote auf keinen Fall ein guter Tipp ist. 10 Jahre zählt für mich zum „kurzfristigen“ Investmentzeitraum. Mein konservatives ETF/Fonds/ETC Portfolio hat einen Anlagehorizont von mehr als 30 Jahren und das primäre Ziel, immer höhere passive und vor allem nachhaltige Einkommensströme zu generieren.
10 Jahre Geld anlegen, renditestark und möglichst sicher – Aber wie geht das?
Wie eingangs bereits beschrieben, halte ich 10 Jahre für Aktien als reine Buy and Hold Strategie sogar in konservative Qualitätsunternehmen nur als ein kurzfristiges Investment, insbesondere wenn es als Einmal-Investition getätigt wird, oder als ein Sparplan in einem massiven Bullenmarkt (stark steigenden Markt über Jahre). Es gab etliche Phasen an nahezu ALLEN Börsen weltweit, in denen Aktien über Jahrzehnte oder zumindest ein Jahrzehnt keine Rendite brachten, selbst wenn auf den kompletten Haupt-Index gesetzt wurde. (Stockpicking in Einzelaktien ausgenommen!) Klassiker wie der japanische Aktienmarkt, der inzwischen seit weit über 25 Jahre keine positive Rendite für damalige Indexinvestoren brachte, sind bei erfahrenen Börsianern allseits bekannt. Es gibt aber auch abseits dieser Extremfälle etliche Jahre von Seitwärtstrends an den Märkten. Selbst der sehr breit gefächerte MSCI World Index über einen ETF, hätte einem „langfristigen“ Investor je nach Einstiegszeitpunkt über weite Strecken Verluste eingebracht oder eben keine Rendite bei hohem Risiko beschert. Von Ende der 60er Jahre bis Anfang der 80er Jahre gab es z.B. eine Phase von extremer Seitwärtsbewegung mit enormer Volatilität im MSCI World. Gepaart mit einer USD Abwertung, insbesondere im Anschluss der Baisse, waren hier locker 15 Jahre bestenfalls Null Euro Gewinn für einen Deutschen Investor (Dank Seitwärtstrend und Währungsverlust zur D-Mark) mit einem sehr breit gefächerten MSCI World ETF zu holen. Von daher habe ich mir diesbezüglich eine persönliche Faustformel erstellt, die bei derart kurzfristigen Anlagehorizonten gilt, zumindest wenn ich möglichst meinen Einsatz nach der Haltedauer wieder haben möchte.
Erklärung zu Anlagezeitraum, Risiko, Rendite und „Sicherheit“
Der Anlagezeitraum, was ist kurzfristig, mittelfristig und langfristig? Jeder definiert den Anlagezeitraum für sich individuell. 5-10 Jahre als „langfristig“ für einen Aktienanleger zu bezeichnen finde ich sehr gewagt. Ich habe daher folgende Einteilung für mich definiert:
- Ultra kurzfristig unter 5 Jahre
- Kurzfristig zwischen 5-10 Jahre
- Mittelfristig zwischen 10-20 Jahre
- Langfristig ab 20-30 Jahre
- Ultra langfristig ab 30 Jahre
Das Risiko und die Rendite über den Anlagezeitraum
Ich bin ein sehr konservativer und langfristiger Anleger. Ich verzichte lieber auf einige Prozentpunkte Rendite, als innerhalb von 1-2 Jahren 50 Prozent und mehr meines Kapitals zu verlieren, nur weil ich z.B. alles auf den MSCI World Index gesetzt hätte. Im Falle der Leserfrage, geht es auch nur um einen kurzfristigen Anlagezeitraum von 10 Jahren. Das Chancen/Risikoverhältnis ist da bei reinen Aktieninvestments zu schlecht, um alles in Aktien zu investieren. In den letzten 20 Jahren, allein nur im DAX kann man sehen, dass diese Entscheidung nicht gut gewesen wäre. Und ich nehme hier bewusst nicht ganz miese Einstiegszeiten wie 2000 oder 2007. Wer z.B. Mitte 1997 mit einem Horizont von 10 Jahren eingestiegen ist, hat bei einem vollständigen Direktinvestment am Ende des Jahres 2008 einen hohen Verlust zu verbuchen (alle Dividendenzahlungen sind hier sogar mit einberechnet!). 10 Jahre Anlage und die Rendite dick im Minus… Das möchte natürlich niemand. Aktien allein auf derart kurze Zeiträume sind sehr spekulativ. Auch hier habe ich daher eine Faustformel für meine eigenen langfristigen und sehr konservativen Anlageentscheidungen entwickelt.
Pro Jahr der Anlagedauer zwei Prozent Aktienanteil!
Bis zu einer Maximalgrenze von 50 % Aktien als Zielwert am Gesamtportfolio. Als Aktienanteil verstehe ich immer die extrem breit diversifizierte Anlage über physisch replizierende ETF. Je länger die Anlagedauer, desto breiter kann man sein Portfolio streuen und desto mehr Positionen aufnehmen. Mit diesen kann man dann langfristige individuelle Branchen- und Regionalschwerpunkte setzen. Dies habe ich z.B. mit einem Nasdaq 100 ETF, dem Emerging Marktes Small CAP ETF oder dem einfachen DAX ETF sowie einigen anderen Kandidaten innerhalb der Anlageklassen meines Depots umgesetzt.
Beispiele:
- Anlagedauer 10 Jahre, Aktienanteil 10 x 2 % = 20 % Aktien
- Anlagedauer 20 Jahre, Aktienanteil 20 x 2 % = 40 % Aktien
- Anlagedauer 30 Jahre, Aktienanteil 30 x 2 % wäre 60 %, CAP 50 % da maximaler Zielwert erreicht.
- Hinweis, der maximale Zielwert von 50 % Aktienanteil ist somit für mich immer bei einer Anlagedauer von 25 Jahren erreicht.
Thema: „Sicherheit über den Anlagehorizont“, und aus was besteht der Rest außer Aktien im Portfolio?
Kommen wir zum Thema „Sicherheit“ des investierten Kapitals. Egal was man investiert, das Ergebnis kann niemals als gesichert gelten und bei allen Anlageklassen ist langfristig ein Totalverlust in Extremsituationen nicht ausgeschlossen, selbst bei physischem Gold nicht! Stichwort: „staatliches Goldbesitzverbot“, oder ggf. Zukunftstechnologien die eine Produktion von Gold im Labor bzw. der Industrie ermöglichen, oder den kostengünstigen Abbau auf anderen Planeten in vielleicht ein paar hundert Jahren. Dazu auch dieser Beitrag zu Gold als langfristige Geldanlage und seine angeblich absoluten „Sicherheit“) Nichts!, egal ob eine AAA Anleihe Deutschlands, eine Aktie eines weltweiten Megakonzerns oder ein „sicherer“ Rohstoff wie Gold ist davor gefeit, um 80-90 Prozent zu fallen oder sogar komplett wertlos zu werden, selbst wenn die Chancen dafür sehr gering sein sollten. Von daher stellt sich auch die Frage: „Mit welchen Investitionen den Rest des Depots füllen?“
Als Alternativen zur Beimischung in ein Aktienportfolio gibt es etliche Möglichkeiten:
Je kürzer die gesamte Anlagedauer, desto höher das Risiko des Aktienanteils im Minus zu landen. Das gilt leider auch für viele andere Assets wie Immobilien (Reits), Gold, Silber, Emerging Markets Anleihen, mid-term (mittel) und long-term (langfristige) Staats und Unternehmensanleihen usw. Lediglich „Cash“ oder (wenn die Rendite nach Gebühren noch stimmt) hochwertige ultra short-term Anleihen, also Anleihen von möglichst Investitionsgrade Schuldnern, breit gestreut über einen ETF, mit sehr kurzer Restlaufzeit. Wandelanleihen scheiden hier auch aus, da sie von der Rendite und vom Risiko her zwischen Anleihen und Aktienmarkt ihre Bewegungs-Spektren zeigen. Ganz langfristig wiederum, macht eine Beimischung von kleinen Gold Anteilen (physisch hinterlegt oder direkt als Unze bzw. Barren!) Sinn. Dieser Anteil ist dann nur als Absicherungen für ein extremes Ereignis vorgesehen. Im Jahr 1929 z.B. waren die US-Investoren am erfolgreichsten, welche die langweilige US-Staatsanleihen und physisches Gold hielten. Die Kursteigerungen von Jahrzehnten waren innerhalb weniger Monate im Mega-Crash dahin und es sollte weitere Jahrzehnte dauern, bis dieser Ausgangswert wieder erreicht wurde. Dies sind sicherlich Extremwerte, aber sie sind auch für die Zukunft absolut nicht ausgeschlossen!
Nun aber zu den Alternativen zu Aktien bzw. zur Portfolioaufteilung in verschiedene Investitionsklassen (Assets)
- Cash ist die einfachste Assetklasse überhaupt. Wenn man möglichst schwankungsarm im ultra kurzen Bereich anlegen möchte, dann könnte es z.B. auf 5 Jahre Anlagehorizont so aussehen: 10 % globale Aktien 90 % Cash als Festgeld (bringt aktuell wenigstens noch geringe Zinsen, besser als 0 %). Das Verlustrisiko ist so wirklich winzig. Die Renditeerwartungen sind Ok. Trifft man eine große Hausse (positive starke Börsenphase), dann können aus dem reinen 10 % Aktienanteil 100-200 Prozent Gewinn innerhalb der kurzen Anlagedauer gezogen werden, natürlich nur auf den Aktienanteil bezogen! Das Endergebnis wäre bei hoher Sicherheit des Gesamtkapitals absolut akzeptabel. Bricht der Aktienmarkt hingegen in der Zeit um 50 % ein, dann hätte man maximal 5 % seines gesamten investierten Geldes verloren, wobei die Zinsen der 90 % Cash vom Aktienanteilverlust noch abgezogen werden müssen. Je nach Zinssatz hat man dann fast keinen Verlust mehr. Vor einigen Jahren bei wesentlich höheren Festgeld-Zinsen, wäre man dann sogar in der Gewinnzone gewesen. Das Risiko von Geld bzw. Cash, liegt „nur“ in der Inflationsrate (Entwertung) und der Währungsstabilität an sich. Das heißt in ganz extremen Phasen wie einer Hyperinflation ist Cash nicht unbedingt eine gute Idee! Diese Phasen bilden allerdings die Ausnahme.
- Kurzfristige Anleihen AAA-A+
Diese bringen aktuell recht wenig Zinsen, teilweise sogar Null oder Minusrenditen unter drei Jahren, insbesondere unter einem Jahr Restlaufzeit. Bei einem höheren Zins-Niveau, sind sie jedoch eine gute Alternative zu Cash bzw. Festgeld. Unbedingt vor dem Kauf die Gebühren genau beachten und mit einrechnen, ob eine Investition in diese kurzfristigen Anleihen dann aus Rendite-Sicht noch sinnvoll ist! - Weitere Anleihen, Unternehmensanleihen, Staatsanleihen, Emerging Markets und High Yields Bonds
Je größer das Portfolio und je länger der Anlagehorizont und die Risikoneigung, umso mehr ETF Positionen können aus diesen Anlagebereichen hinzukommen. Anleihen bringen in der Regel mehr Rendite als der Marktdurchschnitt, wenn sie risikoreicher sind, d.h. die Wahrscheinlichkeit für einen Ausfall der Zinszahlungen, oder gar der Teil- oder Totalverlust, der investierten Gelder möglich sind. High Yield Anleihen sind hier die unsichersten, aber auch renditeträchtigsten Titel. Ich habe sie nur mit 2,5 Prozent in meinem Portfolio gewichtet. Staatsanleihen und Unternehmensanleihen guter Bonität bringen zwar weniger Rendite, sind allerdings auch wesentlich risikoärmer sowie in ihrer Schwankungsbreite ruhiger. - Wandelanleihen
Wer mein Portfolio bereits etwas genauer unter die Lupe genommen hat sieht, dass ich trotz des langen Anlagehorizonts nur 42,5 Prozent Aktienanteil als Basis-Zielwert habe, statt der maximal 50 Prozent. Das hat zwei Gründe, zum einen die Gewichtung von Gold (2,5%); gleich mehr dazu…, zum anderen die Investition von 5 % des Portfolios in sogenannte „Wandelanleihen“. Wandelanleihen entwickeln sich bei der Rendite und dem Risiko zwischen Aktien und Anleihen. Sie sind wie der Name schon sagt zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt, sowie einer ebenfalls vorher festgelegten Anzahl in Aktien der jeweiligen Unternehmen, welche solche Anleihen ausgegeben haben, wandelbar. Es ist quasi wie ein konservativer Aktienanteil, da das Wandlungsrecht nicht in Anspruch genommen werden muss. Man kann genauso gut die Zinsen kassieren und vor Ablauf solche Anleihen einfach verkaufen. Daher reagieren Wandelanleihen auch nicht so extrem auf Kurseinbrüche am Aktienmarkt. Sie schwanken aber deutlich stärker als reguläre Anleihen. Bei derart langfristigen Anlagehorizonten, wie in meinem Portfolio, wirken die Wandelanleihen schwankungsabmildernd auf das Gesamtportfolio und bilden eine zusätzliche Diversifikationsmöglichkeit. - Gold/Silber
Ich habe in diesem Fall nur Gold als physisch hinterlegten ETC mit kostenloser Auslieferbarkeit des Goldes im Portfolio. Gold ist langfristig wirklich immer gestiegen. Hier rede ich allerdings von extrem langfristig. Es gab auch mal etliche Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte Abwärtstrends oder Seitwärtsphasen beim Goldpreis. Wenn das Gold im Portfolio steigt, ist das natürlich schön, letztendlich ist es aber nur eine Versicherung für Mega-Krisen, damit meine ich nun nicht so kleine Dinger wie die Lehmann Pleite und Immobilienkrise 2008! Ganz langfristig ist es nicht verkehrt 2,5-5 % seines Geldes in physischem Gold zu halten. Unter 10 Jahre macht das wiederum für mich weniger Sinn.
Fazit:
„Wie würde ich mein Geld auf 10 Jahre anlegen, wenn ich nach der Sparphase eine Immobilie davon kaufen möchte?“
Wenn es mein Geld wäre, würde ich es konservativ und sehr breit diversifiziert auf die kurze Dauer von 10 Jahren wie folgt per monatlichen, zweimonatlichen oder vierteljährlichen Sparplan anlegen (Sparrythmus und Höhe der regelmäßigen Investitionen, je nach zur Verfügung stehenden Kapitals):
- 15 % VANGUARD FTSE ALL-WORLD WKN: A1JX52
- 5 % ISHARES MSCI EMERGING MARKETS WKN: A0HGWC
- 10 % SPDR THOMSON REUTERS GLOBAL CONVERTIBLE BOND WKN: A12CZS
- 10 % ACATIS IFK VALUE RENTEN WKN: A0X758
- 20 % ISHARES EURO AGGREGATE BOND WKN: A0RGEN
- 15 % ISHARES CORE EURO CORPORATE BOND WKN: A0RGEP
- 15 % VANGUARD EUR CORPORATE BOND WKN: A143JK
- 10 % ISHARES J.P. MORGAN $ EMERGING MARKETS BOND WKN: A0NECU
Ich sage bewusst „würde Ich“, da es definitiv keine Handlungsempfehlung darstellt, die ich hier geben möchte, das betrifft wie immer alle Aussagen auf meinem Blog. Geld anlegen erfolgt immer auf eigenes Risiko und wirtschaftliches Verständnis. Glaubt möglichst nicht ohne vorherige Prüfung den selbsternannten „Experten“, „Börsen-Gurus“, Börsenbriefen oder Analysten. Recherchiert selbst, bildet Euch weiter und nehmt Euer Geld in die Hand. Ich bin auch kein Guru, sondern ein Anleger mit über 20 Jahren Börsenerfahrung, auch ich lerne täglich weiter hinzu, somit kopiert nicht einfach meine Strategie ohne ausführlich darüber nachzudenken und selbst die Wertpapiere bzw. Produkte zu verstehen.
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