Beitrag aktualisiert am 22. Mai 2021 von Marco Eitelmann
Oft bekommt man leider immer noch Sätze zu hören wie: „Small Caps braucht man nicht, sie machen keinen Unterschied in der langfristigen Performance aus“ oder „Small Caps haben so wenig Marktkapitalisierung, Nebenwerte sind unnötig als ETF“.
Ein MSCI World und ein MSCI Emerging Markets ETF in Kombination 70/30 oder ein FTSE All World ETF bzw. MSCI ACWI ETF sollen allein völlig ausreichen und nahezu dieselbe Performance erreichen, als wenn Small Caps mit einbezogen würden. Das ist auf lange Sicht falsch, wie die obere Grafik eindeutig zeigt.
Diese klassischen Aussagen resultieren aus fehlendem Wissen oder zumindest den falschen Einschätzungen vieler großer Börsenblogs und Medien, die ohne großes Hinterfragen immer wieder geteilt und somit zur allgemeinen „Wahrheit“ interpretiert werden.
Es wird um diese Thesen zu untermauern z.B. häufig einfach ein MSCI All Country IMI Index mit dem normalen MSCI All Country Index vergleichen. Abgekürzt wird der Weltindex, der sowohl die entwickelten, als auch die Emerging Markets in einem Verhältnis von ca. 90/10 abdeckt mit „MSCI ACWI IMI“. IMI steht für die Abdeckung sowohl von Large Caps, Mid Caps als auch Small Caps. Das heißt es sind die großen Blue Chips, die mittelgroße Unternehmen sowie die kleineren Nebenwerte nach Marktkapitalisierung enthalten.
Natürlich kann man auch eine „1-ETF- Strategie“ fahren und damit langfristig mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit großen Erfolg haben, jedoch eben nicht die optimale Performance der Aktienquote dabei herausholen. Small Caps sind als Beimischung sehr wichtig was die langfristige Entwicklung eines Portfolios betrifft, zumindest wenn man eine merkliche Outperformance zu den großen Indizes anstrebt.
Warum der MSCI ACWI IMI Index trotz Small Caps kaum besser läuft als der klassische MSCI All Country World Index?
Würde man generell alles an Marktkapitalisierung der Welt zusammenfassen, dann fehlen hier noch die Micro Caps und die Frontier Markets in einem solchen „echten Welt ETF“. Das Vorurteil, dass die kleinen Nebenwerte, also die Small Caps als ETF unnötig seien, resultiert wohl aus der tatsächlich kaum ersichtlichen Abweichung des MSCI ACWI IMI vs. des MSCI ACWI Index. Die Outperformance mit Small Caps ist selbst langfristig kaum erwähnenswert.
Doch warum ist das so, obwohl die Small Caps doch langfristig besser performen sollen? – Ganz einfach… Die kleinen Werte sind so extrem gering im MSCI ACWI IMI Index gewichtet, dass ihr Anteil kaum zum Tragen kommt. Noch krasser ist die Untergewichtung der MSCI Emerging Markets Small Caps in diesem IMI All Country Index. Sie sind derart niedrig gewichtet, dass man es fast mit einem Tropfen Tabasco in einer vollen Badewanne vergleichen kann. Er ist zwar enthalten, schmecken kann man ihn aber nicht, wenn man einen Schluck nimmt. Genauso verhält es sich mit dem Performanceanteil dieser Small Cap Werte im Gesamtindex.
Small Caps sind wichtig in einem gut diversifizierten ETF Portfolio, wenn man eine Outperformance erhofft bzw. diese über die letzten 100 Jahre generieren wollte!
Small Caps sind wie der Name schon sagt kleine Werte. Nebenwerte die noch weit vor ihrer möglichen vollen Blüte stehen. Deren mögliche Performance ist langfristig deutlich höher als bei den Mid Caps und um ein Vielfaches höher als bei den dicken Blue Chips oder auch Large Caps genannt.
Zwar schwanken die kleineren Werte am stärksten, insbesondere bei Wirtschaftskrisen verlieren sie überproportional, doch auf Sicht von vielen Jahrzehnten, sogar Jahrhunderten, haben sie die Mid Caps und Large Caps bei weitem outperformt. Das auf eine Weise die so signifikant ist, dass man sie einfach nicht ignorieren kann. Deshalb habe ich meinem langfristigen Welt-Portfolio auch gleich drei sich ergänzende Small Cap ETF beigemischt.
Wie viel besser haben sich Small Caps gegenüber den Large Caps und Mid Caps langfristig entwickelt?
Auch wenn es Phasen gab in denen die kleinen Nebenwerte hinter den großen Konzernen zurückgeblieben sind, so ist die erheblich bessere Entwicklung langfristig absolut nicht von der Hand zu weisen.
Hierzu drei konkrete Beispiele:
- S&P 500 vs. S&P 600
Zeitraum Nov. 2008 bis Nov. 2019, Performance S&P 500 knapp 210 Prozent Gewinn vs. S&P 600 Small Cap 360 Prozent Gewinn. Auf noch längere Sicht von 30 Jahre Plus, ist der Unterschied einige hundert Prozent besser zu Gunsten der Small Caps! - MSCI World Large Cap vs. MSCI World Small Cap
Zeitraum Anfang 1998 bis Ende 2017 (Reiner Kursindex ohne Dividenden). Aus 100 Euro wären beim normalen MSCI World Large Cap rund 190 Euro geworden, beim MSCI World Small Cap hingegen über 580 Euro! Auf noch längere Sicht wird der Unterschied noch gewaltiger zugunsten der Small Caps! Der normale MSCI World entwickelte sich ebenfalls besser als der MSCI World Large Cap, da er wenigstens noch einige Mid Caps enthält, welche eine halbwegs repräsentative Gewichtung besitzen. Aber auch der MSCI World Index wurde ganz erheblich vom MSCI World Small Cap Index ausgestochen, siehe Grafik hier (Beitragsmitte). - Nikkei 225 vs. japanische Small Caps
Zeitraum Mai 2008 bis Nov. 2019, Performance Nikkei 225 rund 160 Prozent Plus vs. MSCI Japan SmallCap mit rund 260 Prozent Plus. Auch hier wird der Renditeabstand der Small Caps zu den Large und Mid Caps auf lange Sicht noch extremer ausfallen.
Egal wo man hinschaut, selbst in einem 20 Jahre Krisenland wie Japan, haben die Small Caps eine massive Outperformance gegenüber den Mid Caps und Large Caps aufzuweisen und die Nase ganz deutlich vorne!
Nur in ganz üblen Börsenjahren wie etwa 1929, waren die Small Caps deutlich schlechter in ihrer Entwicklung. Der Grund lag darin das diese Zeit von unzähligen Unternehmenspleiten gekennzeichnet war. Die weniger liquiden Small Caps hat es dabei nicht nur stark gebeutelt, sondern teils in die Pleite gestürzt. Bei größeren Krisen ist dies aber völlig normal. Direkt im Anschluss an solchen schweren Wirtschaftskrisen, beginnen die Small Caps dann in den allermeisten Fällen wieder massiv vorne wegzurennen. Gegen Ende dieser Boom-Zyklen entwickeln sie sich wiederum nach ihren starken Anstiegen häufig schlechter als Mid Caps oder sogar Large Caps.
Es einfach sehr lange Strecken in der Börsengeschichte in denen sich Small Caps besser aber auch schlechter entwickelt haben als die großen und Mittleren Aktiengesellschaften. Man muss die Small Cap Outperformance auf Sicht von 15, 20 oder besser sogar 30 Jahren Anlagedauer sehen.
Soll ich mir einen Small Cap ETF zulegen als Ergänzung?
Je nach Risikoneigung kann man sich einen Small Cap ETF entweder global oder mit regionalem Schwerpunkt zulegen. Ob es unbedingt ein Japan Small Cap ETF oder ein europäischer Small Cap ETF sein soll ist jedem selbst überlassen.
Sinnvoll finde ich z.B. die Ergänzung eines MSCI World + MSCI World Emerging Markets Portfolio mit einem MSCI World Global Small CAP ETF. Wer noch zusätzlich die Emerging Markets Small Caps, die ebenfalls in den letzten 50 Jahren deutlich besser liefen als der reine MSCI World Emerging Market Index ergänzen möchte, der kann ebenso einen MSCI Emerging Market Small Cap ETF kaufen.
Ich habe folgende drei Small Cap ETF als strategische Beimischung in meinem Depot:
- SPDR MSCI World Small Cap WKN: A1W56P
- iShares S&P SmallCap 600 WKN: A0Q1YY
- iShares MSCI Emerging Markets SmallCap WKN: A0RGER
Das erhöhte Risiko von Small Cap Aktien auf das gesamte Depotrisiko sollte unbedingt berücksichtigt werden!
Small Caps erhöhen langfristig mit großer Wahrscheinlichkeit – keine Garantie für die Zukunft! – deutlich die Performance eines Portfolios. In Wirtschaftskrisen, bei schweren Börsencrashsituationen oder über Jahre andauernde globale Wirtschaftsdepressionen verlieren sie jedoch überproportional. So kann es z.B. problemlos vorkommen, dass der MSCI World in einem Krisenfall nur 50 Prozent seines Wertes verliert, während der MSCI World Small Cap Index zur selben Zeit bei Minus 60-70 Prozent notiert.
Emerging Markets Small Caps zeigen eine ähnliche regional teils sogar noch höhere Outperformance als die Small Cap Werte der entwickelten Märkte. Bei den Risiken sieht es dann in geheblter Form zu den Developed Markets, also den entwickelten Industrieländern ähnlich aus. Ich schreibe bewusst in gehebelter Form, da immernoch einige Emerging Markets eine sehr schlechte Regulierung und Überwachung vor allem von kleineren Unternehmen und deren Bilanzierung fahren.
Frontier Marktes Small und Micro Caps weißen noch extremer Werte auf und sind als hoch spekulativ anzusehen. Frontiermärkte an sich verfügen schon kaum über ordentlich liquide Börsenplätze und Werte. Die meisten Aktien der Frontier Märkte haben selbst unter den größeren Playern Marktkapitalisierungen die deutlich unter denen von Mid und Small Cap Aktien der entwickelten Länder stehen. Auch ist de rZugang für ausländische Investoren oft kaum möglich. ETF bilden diese Märkte schon bei den größeren Werten vorwiegend nur über Swaps ab. Manche Frontier Markets sind so klein, das sie als Gesamtheit mit all ihren enthaltenen Unternehmen von der Marktkapitalisierung nicht einmal das Niveau eines einzelnen Unternehmens im S&P 500 entsprechen. Man kann sich also denken wie winzig dort die Small und Micro Caps an den Börsen sind und zu welchen extremen Risiken und Liquiditätsproblemen sowie durchgehend stark erhöhter Volatilität das führt. Daher würde ich solche Nischen im Portfolio nicht abbilden, zudem wäre der Anteil wenn man ihn nicht gezielt übergewichtet äußerst gering und selbst bei einer deutlichen Outperformance auch auf lange Sicht für die Gesamtperformance des Vermögens wenig relevant.
Fazit:
Aus meiner Sicht und Erfahrung gehören Small Caps auf jeden Fall in ein gut diversifiziertes und global aufgestelltes Portfolio, zumindest als kleine bis moderat große Beimischung. Ich sehe somit Werte zwischen 10-30 Prozent der Aktienquote als akzeptabel an.
Ein Fun-Fact am Rande, selbst das wirtschaftlich extrem schlecht gelaufene Griechenland mit seiner derweil immer noch langanhaltenden großen Schulden- und Wirtschaftskrise, hat in den letzten 15 Jahren eine erheblich bessere Performance bei seinen Small Cap Werten im Vergleich zu seinen Large Cap Werten erzielt!
Der winzige Anteil an Small Caps im MSCI World ACWI IMI Index mit seiner ebenso vernichtend geringen Gewichtung, kann logischerweise trotz extrem gut gelaufener Small Cap Märkte kaum einen Standard MSCI World All Country ETF schlagen.
Die Wertunterschiede in der Kursentwicklung des IMI Index, selbst mit Einbezug von Dividenden sind wirklich sehr gering zum Standard MSCI World All County Index. Das ist aber kein Grund zu sagen, dass Small Caps unnötig in einem ETF Portfolio seien oder auch das in einem ganz normalen Aktiendepot Nebenwerte als Beimischung unnötig wären. Wenn ich 20 Aktien besitze und eine davon macht 1000 Prozent Gewinn, ist aber nur mit 0,2 Prozent gewichtet, dann ist das zwar schön, macht aber an der Gesamtperformance kaum etwas aus. Genauso verhält es sich mit den Nebenwerten im IMI Index, sie sind zwar drin, aber extrem untergewichtet und somit kaum performancerelevant.
In meinem Beispiel mit den drei von mir gehaltenen Small Cap ETF, machen diese jeweils 2,5 Prozent, also insgesamt 7,5 Prozentpunkte meiner gesamten Aktienquote aus, die wiederum 50 Prozent des Gesamtdepots beträgt. Auf diese 50 Prozent bezogen bedeutet das 15 Prozent echten Small Cap Anteil an der Aktienquote bzw. 7,5 Prozent an meinem Gesamtportfolio! Bei den IMI ETF verhält es sich wiederum so, dass die kleinen bis mittleren Small Caps insgesamt weit unter 5 Prozent ausmachen. Die kleinen bis mittleren Emerging Markts Small Caps sogar deutlich unter einem Prozentpunkt!
Zum Thema weiterführende Informationen und zusätzliche interessante Beiträge:
Die Registrierung und Nutzung des Dienstes ist kostenlos!
Hinterlasse jetzt einen Kommentar