
Beitrag aktualisiert am 9. Juli 2019 von Marco Eitelmann
Ich habe selbst schon zweimal die Erfahrung gemacht, dass ich in den betreffenden Jahren als meine Frau Elterngeld bezog nicht unerheblich Steuern nachzahlen musste.
Doch warum ist das so? – obwohl es immer heißt das Elterngeld steuerfrei sei?
Fakt ist: Das Elterngeld an sich ist nicht steuerpflichtig und von der Einkommensteuer vollständig befreit. Es wird jedoch vom Finanzamt zusätzlich auf das zu versteuernden gesamten Jahreseinkommen hinzugezählt. Es wird dann zwar auch so noch nicht direkt besteuert, erhöht jedoch durch den sogenannten „Progressionsvorbehalt“ dem es unterliegt den individuellen Einkommenssteuersatz auf das tatsächlich zu versteuernde Einkommen. Es kann also nach dem Elterngeldbezug bei der nächsten Steuererklärung eine saftige Nachzahlung drohen! Es gilt wie immer zu beachten das es sich bei diesem Beitrag in keinem Fall um eine verbindliche Auskunft in Bezug auf Steuern und Steuerrecht oder gar eine Beratung handelt! Ich gebe lediglich meine eigenen Erfahrungen und gesammelten Informationen diesbezüglich wieder.
Ist das Elterngeld wirklich steuerfrei? – Progressionsvorbehalt und empfindliche Nachzahlungen an das Finanzamt – Die „Steuer auf das Elterngeld“ kommt durch die Hintertür!
Elterngeld ist offiziell steuerfrei, jedoch dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterworfen. Was heißt das jedoch genau und gibt es entsprechende Beispiele dafür? Zunächst einmal bedeutet die Unterwerfung unter die steuerliche Progression, dass das Elterngeld, welches durch die Familienkasse gezahlt wird zwar nicht selbst versteuert werden muss, wohl aber vom Finanzamt zum Einkommen addiert wird. Dies führt dazu, dass die individuelle Steuerlast auf das tatsächlich zu versteuernde Einkommen sich deutlich erhöhen kann.
Es wird so nicht das Elterngeld selbst besteuert, jedoch steigt die Steuerlast auf das bezogene Einkommen welches z.B. durch den jeweiligen Ehepartner in dieser Zeit weiterhin aus nichtselbständiger oder selbständiger Arbeit bezogen wird. Das Elterngeld zählt als „Lohnersatzleistung“, welches dem Einkommen zuzuordnen ist und somit individuell und indirekt versteuert werden kann. Dies geschieht, wenn ein entsprechender Fall für die dadurch entstehenden Progressionserhöhung z.B. in einer Ehe (Ehepartner hat Einnahmen aus Lohnarbeit) vorliegt. Die höhere Steuerbelastung durch die Einbeziehung des Elterngeldes kann von mehreren hundert bis tausend Euro reichen und so zu empfindlichen Nachzahlungen führen! So nimmt sich der Staat durch die Hintertür wieder einiges an Geld zurück.
Konkretes Beispiel zum Thema Steuern und Elterngeld
(Angaben nach Steuertabelle 2019):
Ein Ehepaar – Frau bezieht 1 Jahr Elterngeld, Mann geht weiter arbeiten in einer Lohnanstellung
Er verdient 42000 Euro im Jahr, sie bekommt 16000 Euro Elterngeld, einfach gerechnet auf das Gesamtjahr vom 1.1.-31.12.
Das Einkommen von 42000 Euro wird normalerweise versteuert mit 12,76 Prozent Einkommensteuersatz, wenn kein Elterngeld bezogen würde! Da aber Elterngeld bezogen wird, wird es fiktiv vom Finanzamt zu den 42000 Euro hinzugerechnet und erhöht somit den Einkommensteuersatz auf 17,14 Prozent anstelle der 12,76 Prozent. Das sind rund 4600 Euro Steuernachzahlung, dazu kommt auch noch der Solidaritätszuschlag, der sich so ebenfalls erhöht. Falls ihr Kirchensteuer zahlt, dann erhöht sich auch diese Steuerlast noch einmal zusätzlich.
Das eigentlich steuerfreie Elterngeld wirkt sich in diesem Fall auf die neu zu berechnende Gesamtsteuerbelastung deutlich negativ aus. Die Lohnersatzleistung wird auf diese Art durch die so entstandene wesentlich höhere Steuerlast vom Staat teilweise wieder abgenommen.
Dies war ein möglichst einfaches Beispiel für den Progressionsvorbehalt und die steuerlichen Auswirkungen des Elterngeldes auf das individuelle Einkommen.
Fällt das Elterngeld z.B. nur auf das halbe Jahr und wird es im Folgejahr auch wieder sechs Monate gezahlt (Gesamtbezugsdauer in diesem Beispiel 12 Monate), dann wird das für das erste halbe Jahr gezahlte Elterngeld (Juli-Dezember) vom Finanzamt auf das volle Einkommen des Ehemanns und das halbe Einkommen der Frau im betreffenden Jahr angerechnet. Das Gleiche gilt für das erste Halbjahr des Folgejahres. Durch den niedrigeren Bezug (da nur 6 Monate pro Jahr) gleicht sich das Ganze aber meistens wieder gut aus. Das Elterngeld muss dann nur in zwei aufeinanderfolgenden jährlichen Steuererklärungen angegeben werden mit den jeweils 6 Monaten Bezugszeit.
Muss ich das Elterngeld in der jährlichen Steuererklärung angeben?
Ja, das Elterngeld muss immer in der Jahressteuererklärung angegeben werden. Wird es nicht für ein volles Gesamtjahr 1.1-31.12 gezahlt, dann müssen die Beträge die durch die Familienkasse ausgezahlt wurden exakt dem Auszahlungsjahr und der betreffenden Steuererklärung zugeordnet werden.
Beispiel: 2020 wird 8 Monate Elterngeld gezahlt, 2021 die restlichen 4 Monate (Ausgehend von 12 Monaten Bezugsdauer). Dann werden in der Steuerklärung für 2020 die 8 Monate Elterngeldbezug eingetragen und in der Steuererklärung für 2021 die restlichen 4 Monate.
Elterngeld ist eine steuerliche Gefahrenquelle für hohe Nachzahlungen an das Finanzamt!
Es sollten für mögliche steuerliche Nachzahlungen durch den Bezug von Elterngeld sichere Rücklagen gebildet werden. Es empfiehlt sich mindestens zwischen 100-200 Euro pro Monat auf ein separates Konto zurückzulegen, um die gegebenenfalls entsprechend hohen zusätzliche und meist unerwarteten Steuernachforderungen des Finanzamtes erfüllen zu können.
Das Elterngeld muss nicht zwangsläufig zu einer höheren Steuerbelastung führen…
Ist man z.B. Alleinstehend (ledig) und hat innerhalb eines Jahres kein weiteres zu versteuerndes Einkommen zum Elterngeld bezogen, so ist das Elterngeld in einem solchen Fall steuerfrei. Auch wenn man insgesamt mit Progression unter dem gesetzlichen Steuerfreibetrag bleibt, wird keine Steuer erhoben.
Wichtig ist jedoch, dass entweder ausschließlich die Lohnersatzleistung in Form von Elterngeld bezogen wurde oder das zu versteuernde Einkommen auch nach der Progression unterhalb des Freibetrages liegt. Auch eine Kombination aus Lohnersatzleistungen wie z.B. Krankengeld und Elterngeld innerhalb eines Jahres kann die zusätzliche Belastung verhindern. Als klassisches verheiratetes Ehepaar mit Kindern hat man jedoch meist schlechte Karten und muss in den überwiegenden Fällen mit einer Nachzahlung von Steuern durch den Elterngeldbezug rechnen, insbesondere wenn beide Partner einer Lohn- oder Gehaltsarbeit nachgehen oder Einkommen aus selbständiger Arbeit beziehen.
Fazit:
Wer zum ersten Mal Elterngeld bezieht, der sollte sich nach der Steuertabelle des aktuellen Jahres unbedingt zumindest grob ausrechnen, inwiefern dieser Bezug von Lohnersatzleistungen seine gesamte Steuerlast negativ beeinflussen wird. Betroffene sind vor allem Ehepaare bzw. zusammenlebende Partnerschaften. Da hier meist der Ehepartner weiter seiner Arbeit nachgeht und kein Elterngeld bezieht, ist hier das steuerliche Risiko am höchsten.
Das Elterngeld ist steuerfrei, zumindest auf den ersten Blick – Nicht jedoch für Jeden.
Zwar wird das Elterngeld nie selbst besteuert, doch die progressive Erhöhung der gesamten Steuerlast aufgrund der geleisteten Elterngeldzahlungen ist nichts anderes als eine zusätzliche Steuerbelastung durch die Hintertür. Die Bildung von entsprechenden Kapitalrücklagen sollte daher zeitnah aufgenommen werden, um einen finanziellen Engpass durch eine möglichweise hohe Nachzahlung an das Finanzamt zu vermeiden.
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